Der Wolf erobert sich seinen Lebensraum in Deutschland zurück

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In jüngerer Zeit bewegt vermutlich kein anderes Wesen die Gemüter in Deutschland so stark wie der Wolf. Mit seiner Rückkehr in unseren Lebensraum werden Politik, Landwirtschaft, Jäger und Gesellschaft vor neue Fragen und Herausforderungen gestellt. Es scheint schwer, einen Konsens zu finden. Doch erste Ansätze werden sichtbar.

Die Ausbreitung des Wolfs nach Deutschland

Die Ausbreitung des Wolfes von Russland nach Zentraleuropa vollzog sich seit den 1990er Jahren. Seine Verbreitung beschleunigte sich seit 1992 rapide, da er seitdem als streng geschützte prioritäre Art in der europäischen FFH-Richtlinie (Fauna-Flora-Habitat) geführt wird. Seine hervorragende Anpassungsleistung als Generalist hat diese Entwicklung weiter begünstigt. Mit Ausnahme aquatischer Lebensräume kann der Wolf in nahezu allen Gegenden heimisch werden. In Deutschland hat der Wolf heute verstärkt in nordwestlicher Richtung von Sachsen Richtung Niedersachsen bis zur Nordsee Fuß gefasst und sich je nach Region fest etabliert.

Begegnungen und mögliche Konflikte mit der Bevölkerung sind ab einer gewissen Population nicht mehr auszuschließen und treten vermehrt zu Tage. Erst in der Nacht zu 19.05.2021 wurde ein Wolf in der Kölner Innenstadt gesichtet (der Kölner Stadtanzeiger berichtete).

Jagd / Ernährung

Wölfe jagen entweder allein oder im Rudel. Ihre primäre Nahrungsquelle (in unseren Breiten) sind Huftiere aller Art. Darunter fallen Reh-, Rot-, Schwarz-, Weide- sowie Gehegewild. Auf der Suche nach Nahrung achtet der Wolf weniger auf die Art des Wildes an sich, als vielmehr auf eine risikoarme und energiesparende Jagdweise – er möchte so wenig Aufwand wie möglich für seinen Jagderfolg einsetzen.

Wolf-Hund-Hybriden

Unter Hybriden sind Paarungen zwischen Wolf und Haushund zu verstehen. Diesen Paarungen stehen Fachkreise kritisch gegenüber, da man in ihnen eine Gefahr für den Menschen sieht. Der Grund für diese Gefahr liegt in den charakterlichen Eigenschaften der Haushunde begründet, die über die Zeit durch Züchtung an menschliche Bedürfnisse angepasst wurden. Betrachtet man hier insbesondere den Punkt angezüchteter Aggression, so kann bei entsprechender Paarung dieses Merkmal in die frei lebende Wolfspopulation entweichen und ein erhöhtes Gefahrenpotential für den Menschen entstehen.

Aktuelle rechtliche Stellung des Wolfes

Die Einstufung des Wolfes in der europäischen FFH-Richtlinie als besonders geschützte Art wird in Deutschland über das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) fortgeführt. Somit ist das Nachstellen, Fangen, Verletzen oder Töten von Wölfen in Deutschland verboten! Als erstes Bundesland hat Sachsen den Wolf in das Jagdrecht mit ganzjähriger Schonzeit aufgenommen. In Brandenburg wurde die Wolfsverordnung (BbgWolfV) erlassen, welche die gültige Rechtslage für die praktische Anwendung stark vereinfacht zusammenfasst. Sie regelt zudem den Umgang mit verhaltensauffälligen Wölfen.

Auch in Bayern und Niedersachsen sind erste Stimmen laut geworden, den Wolf ins Jagdrecht aufzunehmen. Die SPD in Niedersachsen hat jedoch im November 2020 eine durch das Umweltministerium erarbeitete Wolfsverordnung erlassen, um den Wolfsbestand zu regulieren. Ob damit das letzte Wort gesprochen ist bleibt abzuwarten.

Zudem werden in Niedersachsen bereits heute alle Wolfsrudel über ein Wolfsmonitoring genetisch erfasst. Allerdings hat sich im 1. und 2. Quartal 2021 herausgestellt, dass offenbar noch nicht alle angesiedelten Rudel über dieses Monitoring abgedeckt werden. In den Monaten Februar, März und April kam es zu Unfällen mit Wölfen im Straßenverkehr – für die Wölfe alle mit Todesfolge. Diese Tiere konnten keinem bisher registrierten Wolfsrudel zugeordnet werden, weshalb vermutet wird, dass diese Exemplare auf Wanderschaft waren. Von einem Wolf auf Wanderschaft spricht man, wenn die Jungtiere eines Wurfes aus dem Vorjahr ihr Revier verlassen, da die Welpen des aktuellen Jahres gewölft werden und deren Platz beanspruchen.

Auch weitere Bundesländer bereiten sich auf den zukünftigen Umgang mit niedergelassenen Wölfen vor. Beispielsweise wurden in Nordrhein-Westfalen die „Förderrichtlinien Wolf“ in Kraft gesetzt, amtlich verbindliche Handlungsleitfäden herausgegeben und Netzwerke von Wolfsberatern aufgebaut. Nähere Informationen zum Wolfsmanagement in NRW gibt es hier.

Tötung schwer verletzter Wölfe

Wie ist nun zu verfahren, wenn man als Jagdscheininhaber einem schwer verletzten Wolf begegnet? Die rechtliche Situation ist hier (mit Ausnahme Sachsens und Brandenburgs) kompliziert und sorgfältig abzuwägen, da sich Jagdscheininhaber diesbezüglich in einem Interessenkonflikt befinden.

Wie weiter oben beschrieben, unterliegt der Wolf dem Bundesnaturschutzgesetz (nicht dem Jagdrecht, Ausnahme Sachsen) und darf nicht getötet werden. Gleichzeitig ist es aber auch ein Gebot der Waidgerechtigkeit und des Tierschutzes, ein verwundetes und dem Tode nahes Tier nicht leiden zu lassen. Die Crux an dieser Situation ist: reicht das Wissen und Ermessen eines Jagdscheininhabers aus, um rechtlich sicher begründen und belegen zu können, dass der verletzte Wolf nie mehr vollständig und frei von späteren Schmerzen genesen könnte und die Tötung somit die einzige mögliche Option war?

Wie kann dieser Situation nun begegnet werden?

Um Euch selbst rechtlich abzusichern, kann hier nur ein Tierarzt zu Rate gezogen werden. Dieser muss bestätigen, dass ein Weiterleben des Wolfes ohne bleibende Schäden oder Schmerzen nicht möglich ist. Erst dann darf dieses Tier erlöst werden. Ist ein Tierarzt zeitnah nicht verfügbar, könnt Ihr unter Aufforderung und (am besten schriftlicher) Genehmigung der Polizei, den Fangschuss durchführen. Die letzte Option muss durch Euch selbst abgewogen werden, ob Ihr Euch damit komfortabel fühlt. Es besteht ein rechtliches Restrisiko.

Aktives Wolfsmanagement gefordert

Aufgrund seines Populationswachstums und der immer häufiger auftretenden Übergriffe auf Nutztiere, wird die Forderung eines aktiven Wolfsmanagements aus unterschiedlichen Richtungen immer lauter. Unter diesem Management versteht man, auftretende Konflikte zu erkennen, zu benennen und zwischen den involvierten Parteien zu moderieren. Ziel ist es, einen Konsens zwischen den Konfliktgruppen zu finden (idealerweise unter Einbeziehung der Öffentlichkeit). Das Resultat dieses Managements kann von Bejagung / Reduktion bis zum vollständigen Schutzstatus reichen. Eine zentrale Frage hierbei ist, welche Stellung dem Wolf unter den Wildtieren zukünftig eingeräumt werden soll. Untrennbar damit verbunden sind die Fragen, welche Auswirkungen diese zukünftige Stellung auf die Populationen anderer Wildtiere nimmt und die Weidewirtschaft oder andere Landnutzungsaktivitäten beeinflussen wird.

Der DJV hat im Jahr 2019 zum Wolf eine ausführliche Broschüre mit Handlungsempfehlungen sowie ein Positionspapier herausgegeben. Hierin werden weitere wichtige Punkte angesprochen, die einer bundesweiten Regelung bedürfen, wie z.B. die Einführung und Definition von Akzeptanz- und Erhaltungsbeständen, Schutzjagden uvm. Broschüre und Positionspapier findet Ihr hier:

Fazit

Wie man sieht, gibt es beim Thema „Wolf“ eine Menge Bewegung. Seine Rückkehr in deutsches Gebiet versetzt uns alle in die Situation, uns mit ihm auseinandersetzen zu müssen. Gesetzgeber, Behörden, Landwirte, Jäger und viele andere stehen vor neuen Herausforderungen.

Eine wichtige Voraussetzung für ein erfolgreiches Wolfsmanagement und seinen Erfolg – unabhängig ob auf Landes- oder Bundesebene – ist seine Akzeptanz bei allen involvierten Parteien sowie die Messbarkeit vereinbarter Maßnahmen. Nur so können Fortschritte überwacht und aufgezeigt werden.

Es scheint gegeben, dass uns der Wolf in Deutschland weiterhin gesellschaftlich begleiten wird. Wir dürfen daher gespannt bleiben, wie sich das Wolfsmanagement in den Ländern und auf Bundesebene weiterentwickelt und welche Wege dabei eingeschlagen werden.

 

Habt Ihr bereits eine Begegnung mit einem Wolf gehabt, über die Ihr gerne berichten möchtet? Wie habt Ihr reagiert und wie ist die Begegnung schlussendlich ausgegangen? Lasst uns Euren Kommentar da.

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